QUEEN IFRICA + TONY REBEL – Montego Bay Tour 2010
Auf der Liste der „Montego Bay Tour 2010“ kann man bisher 20 Locations quer durch Europa finden. Ende Januar ging es in Holland los und über den Umweg Schweden schloss sich Deutschland mit 3 Stationen, wie Köln, Berlin und Hamburg an. Dann haben sie der größten Kälte erst einmal den Rücken gekehrt und konnten sich in Spanien für einen Gig ein klein wenig aufwärmen. Nach Frankreich und der Schweiz geht es dann für 5 Stationen nach Italien. Über Slowenien und noch einmal Frankreich, kommen sie dann am 25. Februar zurück nach Deutschland. Wer die ersten drei hiesigen Konzerte verpasst hat, kann sich nun noch auf den Weg nach München, Darmstadt oder am 27. Februar zur Jamdown Party nach Dortmund aufmachen, wo es gleich noch Eek A Mouse als Zugabe gibt.
Auf biographische Daten zu Queen Ifrica und Tony Rebel muss man nicht weiter eingehen. Das wäre Holz in den Wald getragen, wie man so schön sagt. Dem Fan ist längst alles bekannt, und wer sich doch noch informieren muss, sei auf nachfolgende Links verwiesen:
Am 04. Februar 20010, hatten wir schließlich wieder einmal die Gelegenheit die Beiden live zu erleben. Ziel unseres Ausflugs war das Berliner YAAM. Als Tourmanagement für hiesige Gefilde war und ist die Contour Music Promotion GmbH verantwortlich.
Hier ein paar Eindrücke des Abends aus dem Berliner YAAM.
Brandenburg befindet sich noch voll im eisigen Griff des Winters. Vorsichtshalber haben wir neben heißen Getränken noch ein paar Decken ins Auto gepackt – man kann ja nie wissen, was einem auf der langen Fahrt so alles blüht. Die letzten Tage waren die Temperaturen zwar nicht mehr im zweistelligen Minusbereich und manchmal gar schon über 0, aber Berlin sieht trotzdem nicht gerade einladend aus. Die Fußwege entlang der Mauer an der East Side Gallery, die auf unserem Wege liegen, sind zu einer buckligen Eispiste mutiert. Der PKW-Parkstreifen ist teilweise nicht mehr auszumachen und manche Autos bis zu den Scheiben mit Schnee und Eis zugeschoben. Einzelne freie Parkflächen sehen aus wie Fächer eines Setzkastens, die wir für unser Auto lieber nicht benutzen. Ein Pulk Touristen torkelt und rutscht an der Mauer entlang, als hätten sie X-Promille geladen. Bei uns wird es nicht besser aussehen, und wir sind froh als wir das YAAM erreichen und die ersten Reggaeklänge hören. Schnell ist der Winter hinter uns gelassen und die karibische Sonne geht auf. Barney Millah sorgt für die entsprechende Aufwärmphase, vor dem noch spärlichen Publikum. Aber es ist noch viel Zeit bis zum Beginn der Show.
Als Backing Band wird heute die C-Sharp Band am Start sein, die wir schon mehrfach erlebt haben und die auch den letzten gemeinsamen Auftritt von Queen Ifrica und Tony Rebel hier in Berlin unterstützt haben. Hoffentlich fragt mich die Band nicht nach ihrem Bericht. Die Anfrage von Hugh Hoilett, der sich für die Band um diese Dinge kümmert, wartet schon seit November auf Erledigung. Allerdings liegt mir auch noch nicht das komplette abgestimmte Material vor. Trotzdem habe ich ein wenig schlechtes Gewissen, als ich die Band im Backstage aufsuche. Aber sie bewegt völlig andere Probleme. Sie haben sich den kleineren Raum des Backstagebereiches als Domizil ausgesucht, weil darin ein Ofen volle Kanne vor sich hinbullert. Trotzdem wollen sie sich immer noch nicht von ihren dicken Sachen trennen und haben nur Sorge, dass ich so schnell wie möglich wieder die Tür zwischen ihnen und den deutschen Winter bringe.
Hier ein kurzes Video zum Kennenlernen der Bandmitglieder:
Nach und nach füllt sich das YAAM und auch das „Who Is Who“ der „Berliner“ Reggaeszene wird immer zahlreicher. Rebellion The Recaller, Black Dillinger, Vido Jelashe, Puma (LP International), Michael Panzer (Supersonic), Ulli Güldner (Riddim-Autor), Ganjaman ….. und viele Andere, wollen sich den heutigen Auftritt von Queen Ifrica und Tony Rebel nicht entgehen lassen. Nach 21:00 Uhr trifft dann auch Queen Ifrica und Backgroundsängerin Nikki Burt mit dem Taxi ein. Das Taxi muss fast mitten auf der Straße halten, da die winterlichen Randbedingungen eine bessere Zufahrt einfach nicht gestatten. Die Beiden sind nicht zu beneiden, wie sie die letzten 20 Meter bis zum YAAM, verhüllt in wenig schützende Tücher, über Schnee- und Eisbuckel balancieren. Aber dann ist das hiesige Management zur Stelle und geleitet sie sicher nach Backstage. Das ist das Signal für mich, nun die Bühnennähe im Auge zu behalten.
Das YAAM ist inzwischen mit über 350 zahlenden Gästen (Angabe des Veranstalters) gut gefüllt. Gegen 22:00 Uhr ist es dann schließlich so weit. Es quillt gerade passender Weise das grandiose „Love´s Contagious“ von Tarrus Rileys hoch gelobten neuen Album „Contagious“, auf dem Bob Marley Riddim „Coming In From The Cold“, aus den Boxen, als die Band ihre Plätze einnimmt. Barney „Killah“ Millah bekommt von der Bühne her, mit dem Cut am Hals, das unmissverständliche Zeichen übermittelt, dass für ihn nun Schluss ist. Die C-Sharp Band spielt sich nahtlos mit diesem Riddim ein und bekommt so den perfekten Übergang zur Live-Show hin. Echt Klasse!
Kurz darauf wird Fyah Muma Queen Ifrica angekündigt, die sofort mit einem Tune von ihrem neuen Album „Montego Bay“ gewohnt energisch loslegt.
Die Queen ganz im sommerlichen Outfit, dieses Mal zwar nicht ganz barfuß, aber immerhin noch in einem fast nichts an silberfarbenen Sandalen. Das übrige Outfit besteht aus einem schwarzen Hosenanzug, verarbeitet mit 6 silbernen Reißverschlüssen im Hosentaschenbereich, und einer offenen schwarzen Bluse, die ebenfalls mit silbern funkelnden Knöpfen besetzt ist. Auch ihr eng geschnürter Turban besteht aus einem schwarzen Tuch. Als Schmuck trägt sie nur ein breites Lederarmband mit vielen großen silbernen Ösen, sowie einen silbernen Ring mit großem Stein. Auch das Leder und der Ringstein sind wiederum in schwarz gehalten. Neben der Band wird Queen Ifrica begleitet von der Backgroundsängerin Nikki Burt und dem Leadsänger der Band, Chevaughn Clayton, der ursprünglich als Drummer seine musikalische Laufbahn begann. Nikki Burt ist in ihrem pinkfarbenen Kleid die auffälligste Erscheinung auf der ansonsten recht dunklen Bühne. Farbig abgestimmt zum Kleid trägt sie noch große pinkfarbene Ohrringe und Armreifen. Eine goldene Kette mit einem interessanten Anhänger, in der Form von zwei goldenen Flügeln, rundet das Outfit ab.
Queen Ifrica heizt der Massive ungefähr eine Stunde lang ein und beruhigt zwischendurch immer wieder mit sanfteren Tönen. Es ist immer wieder erstaunlich wie sich ihr Style und Stimme von einem Takt zum anderen, völlig verwandeln kann. Gerade noch melodisch mit wohlklingender Stimme verwöhnt, wird man von einer Sekunde zur nächsten mit barscher rauer Stimme aus den Träumen gepeitscht und in die Dancehallsphären getrieben, um kurz danach in einen energischen Modern-Roots-Reggae Style zu verfallen. Alles perfekt ausgewogen, damit es keiner Fangemeinde zu viel wird. Das macht Queen Ifrica oder Fyah Muma aus. Ihre beiden Alben „Fyah Muma“ und „Montego Bay“ lassen das den Hörer sehr gut nachempfinden.
Queen Ifrica präsentiert einen guten Querschnitt daraus. „Natty Fi Grow“ (Fyah Mumah), „Lengthen My Days“ (Fyah Muma), „Lioness On The Rice” (Montego Bay), „Sensimina” (Fyah Muma), „Welcome To Montego Bay” (Montego Bay) und viele Andere, nur um einige Stücke beim Namen zu nennen. Vom neuen Album dürfte „Lioness On The Rice“, das beste und einprägsamste Stück sein.
Hier das Video dazu:
Das Album “Montego Bay” kann man u. A. bei www.irie-records.de auszugsweise anhören.
Direkt aufrufbar im begrenzten Zeitrahmen auch unter diesem Link.
Neue Kracher nach dem Style eines „Wipe The Tears“ oder „Natty Fi Grow“, gibt es allerdings nicht auf dem neuen Album.
Mit „Wipe The Tears“ oder auch „Genocide“ (Fyah Muma) gibt es dann den feurigen Abschluss ihrer Show. Irgendwie scheint aber etwas anders zu sein. Die Massive geht nicht mehr so ab wie früher, und die Queen hat offenbar auch ihr Feuer schon ein klein wenig zurückgedreht. Zumindest ist die Wirkung und Präsentation nicht mehr so, wie ich das von früheren Auftritten her kenne.
Ohne Pause geht es weiter und die lebende Legende Tony Rebel wird angekündigt. Zur Einleitung gibt es einen Instrumentalmix der C-Sharp Band, der an einige große Hits von Tony Rebel erinnert und bei der Massive die Vorfreude weiter anwachsen lässt. Dann betritt Tony gefeiert die Bühne und beginnt seine Show.
Auch Tony Rebel ist dunkel gekleidet mit graugrünem Hemd und Schirmmütze, sowie einer blauen Jeans. Einziger Farbtupfer sind seine rot-gelb-grünen Turnschuhe. Einziges Schmuckelement ist sein silberner Armreif, den man eigentlich schon immer sieht, soweit ich zumindest zurückblicken kann. Tony Rebel kann aus einem reichhaltigen Schaffen für seine Show schöpfen und wird kaum alle Gemüter zufriedenstellen können. Hier nur eine kleine Auswahl von Albumcovers zur Erinnerung und Empfehlung.
Auch Tony Rebel überzeugt mit wechselhaftem Style der überwiegend in Richtung Roots-Reggae mit Dancehallpassagen und einzelnen Instrumentalsolis geht. Die C-Sharp Band ist in Höchstform. Wobei Drummer Randevon Randy Patrick energiegeladen und lachend seine Drums bearbeitet, steht Gitarrist Lamont Monty Savory ein wenig emotionslos daneben. Aber das täuscht – seine Einsätze und Solis, die Tony Rebel extra ins rechte Licht rückt, sind einfach nur genial. Zum Ende der Show hin kann sich Lamont sogar endlich entscheiden, seine Strickmütze abzunehmen und die Dreads zu zeigen.
Auch Bassist Aeion Yaaka Hoilett wird von Tony an die Bühnenkante navigiert um sein Soli der Massive zu präsentieren. Hits wie „Hypocrites“ (Realms Of Rebel), „Sweet Aroma“ (I Rebel) und viele Andere sind ganz nach meinem Geschmack. Bei „Fire“ bekommt auch Leadsänger Chevaughn Clayton von C-Sharp seinen Soloeinsatz. Tony rockt unaufhörlich die Massive und ein Hit jagt den nächsten. Zwei Tage vor Bob Marleys 65. Geburtstag darf natürlich auch seine Musik im Programm nicht fehlen. Tony Rebel stimmt „Heathen“ an, bei dem er in der Folge in „Chant Down Babylon Kingdom“ überwechselt. Ohne Kommentar – einfach nur schön!
Zur Erinnerung hier das Video von Bob Marleys „Heathen“, wer gewillt ist sich von Tony Rebel mal kurz ablenken zu lassen.
Ein paar Stücke später dann - “A La La La La Long” (Inner Circles – Sweat). Nun dass muss vielleicht wirklich nicht sein. Tony Rebel ist die gegenwärtige Homophobiedebatte und der Ärger um abgesagte Konzerte hier in Deutschland bekannt, aber ganz so weichgespült wird uns die Reggae-Zukunft in Deutschland hoffentlich nicht diktiert werden.
Weiter geht’s wieder energischer mit „Highly I“, und Tonys Hemd wird sichtlich immer dunkler.
Mit „Jah Is Standing By My Side“ (If Jah + Jah Is By My Side) geht es schließlich in die Endrunde. Jetzt bekommt auch das Publikum seinen Einsatz und wird von Tony aufgefordert mitzusingen. Auch Backgroundsängerin Nikki Burt liefert ihren Soloeinsatz ab. Nikki Burt ist auch schon durch gemeinsame Tunes mit Bushman („Lonely“) und Alborosie („Take A Little Time“) bekannt geworden.
Dann kommt Bob Marleys „For Ever Loving Jah“ als grandioser Abschluss. Es wird keine Zugabe geben. Wenn dieses Stück in Tonys Show gespielt wird ist definitiv Schluss. So war es zumindest bisher. Hier laufen alle Artists noch einmal zur Höchstform auf. Ein Finale das Seinesgleichen sucht. Man muss es gesehen und gehört haben. Tony Rebel, Queen Ifrica, Nikki Burt, Chevaughn Clayton, Lamonts beeindruckende Gitarrenklänge und natürlich die gesamte C-Sharp Band. Klasse!
Das Ende ist wirklich wieder endgültig und Barney Millah bekommt von der Bühne her das Zeichen seinen Sound wieder anzuwerfen, um die Massive auf andere Gedanken zu bringen.
Nach über zwei Stunden geht wieder eine vortreffliche Live-Show in die Geschichte des Berliner YAAM ein.
Bei unserem nachfolgenden Backstagetermin, können wir Tony Rebels und Queen Ifricas grenzenloser Geduld beiwohnen.
Es gibt noch viel zu tun, obwohl sich ein angemeldetes Interview wegen Versagens der Aufnahmetechnik zerschlagen hat. Ich will helfen und biete mich an, das Interview per Video aufzunehmen, aber das ist Tony dann doch irgendwie zu viel. In der Enge des kleinen Raumes und den inzwischen eingetroffenen weiteren Gästen, wird das alles zu unübersichtlich. Signier- und Fotowünsche der Anwesenden sind schon umfangreich genug. Dann packt auch noch ein Bandmitglied ein Stapel Poster aus und die Signierrunde beginnt von vorn.
Die passenden Riddim Magazine dürfen natürlich auch nicht fehlen. Rein vorsorglich hatte ich die mitgenommen und muss nun höllisch aufpassen, dass sie nicht verschwinden. Immer wieder muss ich sie, sträflich zusammengerollt, unter irgendeinem Arm hervorziehen und zurück erobern. Das Gleiche mit den Signierstiften, die auch irgendwann verschwinden wenn man nicht aufpasst. Immer wieder kommen Leute, die völlig unvorbereitet ein Autogramm möchten, aber weder einen Stift, noch ein Foto oder irgendein Albumcover bei sich haben.
Bild 1+2: Queen Ifrica + Tony Rebel am 11.10.2006 in der Berliner Kulturbrauerei
Bild 3+4: Tony Rebel + Queen Ifrica am 12.10.2006 in Berlin bei der Dubplate Session
Als sich schließlich der Knoten im Backstage aufgelöst hat, ist eine knappe Stunde vergangen. Für Tony Rebel und Queen Ifrica ist aber immer noch nicht Feierabend. Jetzt gilt es noch die Anfragen für Dubplates von diversen Sounds zu erfüllen, was natürlich auch ein willkommener Zusatzverdienst für die Artists ist. „Die Nacht ist zum Arbeiten und der Tag zum Schlafen da!“, sagt Tourmanager Thorsten und lacht. Dieses Mal beteiligen wir uns aber nicht daran. Wir verabschieden uns und Tony macht sich mit meinem Video unter dem Arm, von seinem letzten Berliner Aufenthalt, auf den Weg.
Und zum Abschluss hier noch ein paar persönliche Worte von Tony Rebel und Queen Ifrica.
Noch mehr Bilder zur Story, nur für die Freunde von Reggaestory, unter: www.myspace.com/reggaestorydotde (unter Fotos).
Copyright:
Text und Fotos by Reggaestory
Mein besonderer Dank geht an Lena und das YAAM Team, Tourmanager Thorsten von Contour und natürlich Queen Ifrica, Tony Rebel und die C-Sharp Band.
Wer eines der genannten Alben benötigt, sollte sich auf die Suche bei www.irie-records.de begeben bzw. dort anfragen.
Kontakt zum Autor unter: www.myspace.com/reggaestorydotde