Capleton Interview 2013
07.10.2013,
Wie hat dir die Show heute Abend gefallen?
Der Auftritt hat mir gut gefallen und ich hatte viel Spaß auf der Bühne. Es ist schon eine ganze Weile her, dass mich die Leute hier zum letzten Mal gesehen haben. Das letzte Mal war ich, glaube ich, 2003 in Berlin. Man hat gesehen, dass die Leute mich vermisst haben. Das Publikum war sehr Energie geladen. „A lot a fyah!“. Ich bin dankbar dafür Musik machen zu können und um die Welt zu reisen und dankbar dafür, dass ich meine Botschaft verbreiten kann. Deshalb ist es mir wichtig dafür zu sorgen, dass meine Fans zufrieden sind.
Gibt es etwas besonderes, dass du mit Berlin verbindest?
Die Energie in Berlin ist einfach anders, jedes Mal wenn ich die Bühne betrete. Das letzte Mal also ich hier war, lag sehr viel Schnee. Es war kalt und trotzdem sind die Menschen zu meiner Show gekommen und der Club war brechend voll. Das hat mir gezeigt, dass mich die Leute wirklich lieben und dass sie meine Musik schätzen. Deshalb freue ich mich jedes Mal hier zu sein.
Du wirst von vielen als eine der Ikonen der Reggae-Musik angesehen. Wo siehst du dich selbst momentan im Musikgeschäft?
Ikone wird immer eine Ikone bleiben wie auch ein Pionier immer ein Pionier sein wird. Die Musik wird sich immer verändern und immer wieder werden neue Künstler Berühmtheit erlangen, doch die wirklichen Idole werden immer die gleichen bleiben. Ich bin nicht nur ein Reggae-Artist, sondern bin auch für meine Dancehall-Songs bekannt. Ich kann ein ganzes Set von Dancehall oder One Drop Tunes spielen und die Leute werden mich feiern. Nach all den Jahren bin ich immer noch im Geschäft und es gibt viele junge Sänger und Djs, die von mir gelernt haben und durch mich bekannt geworden sind. Sogar Ninjaman, der heute einer der gefeiertsten Stars in Jamaica ist. Mein Style und meine Lyrics, die ihn zu dem gemacht haben, der er heute ist.
Man sagt, dass ein Prophet niemals in seinem eigenen Land die Anerkennung bekommt, die er verdient. Stimmt das?
Das kann man in meinem Fall wohl nicht so sagen. Die Menschen auf Jamaika achten mich, auf Grund der Art wie ich mit ihnen umgehe. Ich versuche so bescheiden und bodenständig wie möglich zu bleiben. Für mich geht es nicht um den Hype, und darum berühmt zu sein. Es geht für mich um die Musik, um die Menschen und um die Botschaft, die ich verbreiten will. Ich lasse nicht zu, dass der Erfolg mir zu Kopf steigt. Es ist mir wichtiger, dass die Menschen mich lieben. Bei vielen Artists trauen sich die Leute nicht auf sie zu zugehen, aber bei mir fühlen sie sich wohl, denn sie wissen, dass sie jeder Zeit zu mir kommen und mit mir reden können.
Meine Musik steht für Positivität für Liebe, Freiheit und um die Befreiung von der Unterdrückung durch das System. Ich will den Menschen Kraft geben und hoffe, dass sie nicht aufgeben, dass sie ihren Kopf hochhalten und wissen was ihre Ziele sind.
Du veranstaltest schon seit einigen Jahren eine eigene Show auf Jamaika. Warum fand 'St. Mary Mi Come From' dieses Jahr nicht statt?
Wir haben uns letztes Jahr dazu entschieden den Veranstaltungsort zu wechseln, aber wir hätten es nicht geschafft den neuen Ort bis August herzurichten. Deshalb musste die Show dieses Jahr ausfallen. Wir haben uns dazu entschlossen 'St. Mary Mi Come From' wieder an dem ursprünglichen Ort zu veranstalten, damit wird das Event wieder einfacher zu erreichen sein für die Fans. Die Show wurde 2000 von mir ins Leben gerufen und ist eine Charity-Veranstaltung, denn ich will der Community etwas zurück geben. So unterstützen wir jedes Jahr Schulen, Krankenhäuser, Community Centern oder Menschen mit Behinderungen. Wir haben Röntgengeräte und Betten für Krankenhäuser gekauft und Computer-Räume in einigen Schulen eingerichtet. Das Parish St. Mary wird dabei von uns am meisten unterstützt, aber auch Einrichtungen in Portland, St. Ann oder St. Cathrine. Wir wollen nicht egoistisch sein, sondern geben und mit anderen teilen.
Im Moment scheint es auf Jamaika ein Reggae Revival zu geben. Viele junge Künstler bringen neue und gute Musik heraus, während man das Gefühl hat, dass Dancehall im Moment eher stagniert. Wie ist deine Meinung dazu?
Ich würde es nicht unbedingt Revival nennen, Reggae war niemals fort und ist nicht tot zu kriegen. Es wird immer neue Arists geben und andere werden in Vergessenheit geraten. Musik kennt keine Grenzen und so wird es immer neue Talente geben, die einen frischen Wind in die Szene bringen. Deswegen werden die Ikonen und Pioniere, die Reggae geprägt haben, aber nicht weniger bedeutend. Viele von den Artists, die als Teil des 'Reggae Revival' gefeiert werden, spielen nicht in ausverkauften Hallen. Sie allein ziehen nicht so viele Zuschauer an, dass sich eine Show für die Promoter lohnen würde. Sie haben nicht die Energie um dem Publikum 100 Prozent zu geben, da müssen wir realistisch bleiben. Man wird nicht über Nacht zu Superstars, das braucht Zeit. Junge Artists müssen Erfahrungen sammeln, um ihre Fähigkeiten zu verbessern. Viele haben nicht die Geduld dazu oder werden von anderen zu etwas aufgeputscht für das sie noch nicht bereit sind. Dieser Hype fällt ihnen dann früher oder später auf die Füße, denn ihre Karriere hat keine Substanz und wird daher nicht von Dauer sein.
Aber natürlich finde ich es gut, wenn neue Talente aufsteigen und Reggae verbreiten, denn wir etablierten Artists können ja nicht ewig die ganze Arbeit allein machen (lacht). Die Youths sind die Zukunft, aber es ist wichtig, dass sie auf dem richtigen Weg bleiben.
Du bist ein Rasta genau wie viele andere Reggae Arists und Menschen auf der ganzen Welt. Es gibt viele Wege Rasta zu interpretieren, was bedeutet es für dich?
Rasta ist Liebe. Rasta ist Einigkeit und Erlösung, Befreiung und Einheit. Es geht darum sich seiner selbst bewusst zu sein, sich zu Emanzipieren und von Unterdrückung zu befreien. Respekt vor sich selbst und vor anderen ist dabei entscheidend und Toleranz gegenüber Fremden und Anderem. Man sollte seine Ziele klar vor Augen haben und entschlossen handeln. Rastafari ist alles. Rasta bedeutet für mich Leben.
In der Szene wirst du von vielen Fans verehrt, doch nicht jeder teilt diese Meinung. In der Vergangenheit wurden einige deiner Konzerte in Europa und den USA auf Grund von Protesten abgesagt. Was ist passiert?
Reggae Musik ist die Musik des Lebens und es wird immer Leute geben, die dagegen ankämpfen. Doch am Ende wird Reggae triumphieren. Good over Evil and Life over Dead. Wie ich gesagt habe, für mich ist es am wichtigsten meine Fans glücklich zu machen und natürlich ist es eine Enttäuschung für mich, wenn meine Show abgesagt werden, aber ich lasse mich davon nicht unterkriegen. Meine Fans wissen, was los ist und sie werden auf die nächste Show warten und ich werde mein Bestes tun, um beim nächsten Mal da zu sein.
Solche Dinge passieren, weil Menschen meine Texte missverstehen und dadurch Verwirrung entsteht, die in Wut enden kann. Trotzdem wird die Musik überdauern und uns eine Lektion lehren. Wenn ich sage 'Fire' oder 'burn' sage, meine ich das nicht auf eine gewalttätige Art. Ich fordere niemanden dazu auf loszuziehen und andere zu töten oder sie im wahrsten Sinne des Wortes zu 'verbrennen'. Ich spreche von Feuer als Metapher, als Symbol der Reinigung und Gerechtigkeit, um Rechtschaffenheit und darum zu wissen, wer man ist. Egal wie man es betrachtet Feuer und Hitze sind die ultimative Kraft. Wenn eine Frau nicht eine bestimmte Temperatur, eine bestimmte 'Hitze' in ihrem Körper hätte, wäre sie nicht zur Empfängnis bereit. Sie würde nicht schwanger werden und kein neues Leben würde entstehen. Im Inneren der Erde herrscht eine unvorstellbare Hitze, die durch Vulkane durch Lava und Feuer an die Oberfläche kommt. Wenn die Sonne, ein riesiger Feuerball nicht scheinen würde, gäbe es kein Leben auf der Erde. Feuer ist die ultimative Kraft die unser Leben bestimmt.
Manche Menschen haben meine Lyrics nicht verstanden und sie falsch interpretiert, doch am Ende wird die Wahrheit siegen. Egal, wie viele Hindernisse auf deinem Weg liegen und wie beschwerlich der Weg auch ist, wenn man durchhält wird am Ende das Gute und die Wahrheit siegen. Im Leben kann niemand einen anderen verdammen. Man kann sich nur selbst durch die eigenen Taten in die Verdammnis stützen. Wir sind alle unsere eigenen Richter und so kann niemand über andere richten.
Trotzdem gab es eine Menge Verwirrungen und um diese aus dem Weg zu räumen hast du 2007 den 'Reggae Compassionate Act', einer Verpflichtung gegen 'Murder Music' unterschrieben. Welche Bedeutung hatte Schriftstück für dich?
Damit will ich gar nicht erst anfangen. All das gehört der Vergangenheit an und ich habe mit diesem Kapitel abgeschlossen. Ich will nicht respektlos erscheinen, aber ich will mich dazu einfach nicht mehr äußern. Ich habe diese ganze Sache hinter mir gelassen und konzentriere mich auf die Dinge, die vor mir liegen.
Wie sehen denn deine Zukunftspläne aus?
Momentan bin ich auf Tour und parallel dazu gehe ich auch immer wieder ins Studio, um an einem neuen Album zu arbeiten. Ich werde meine Arbeit fortsetzen und die ganze Welt bereisen, damit meine Fans zufrieden sind.
Vielen Dank für da Interview.
Interview: Janika - Fotos: Perry + Alex K.
16.08.2013 Bi Nuu