Reggae in Berlin

Chuck Fenda Interview 2011

 

RIB: Hey Chuck, schön dich heute Abend nach 2,5 Jahren wieder hier zu haben. Eine gute Show hast du mal wieder abgeliefert. Vor der Show hast du ein paar Dubplates aufgenommen, richtig? Was war das komischste, was du auf einem Dubplate singen solltest?
 
CF: Na ja, das ich die Lyrics verändere, das wars. Momentan fragen mich die Leute nach Dubplates auf "Warning".
 
RIB: Das Publikum war ja bei "Warning" textsicher am Start. Wie kommts?
 
CF: Das frage ich mich auch. Während meiner Tour haben mir die Fans über Twitter gesagt Hey "Warning" ist ein super Song und so. Daraufhin habe ich es in mein Set eingebaut. Eigentlich war der Song gar nicht für die Live Performances vorgesehen. Jedes Mal, wenn ich ihn singe, fangen die Fans an ihn mitzusingen. Ich habe eine Menge an Message in den Song gepackt und die Leute lieben die Message. Jetzt promote ich den Song, weil demnächst ein neues Album von mir herauskommt. Die Tour momentan nutze ich, um mich zurück zumelden. Immerhin ist es 2,5 Jahre her, dass ich hier war.
 
RIB: Dein neues Album kommt im März 2012. Wie viele Songs hast du drauf gepackt?
 
CF: Es werden 14 Songs sein. Momentan haben wir gut 9 Tracks fertig, also sind noch so 5 Songs übrig, an denen wir noch feilen. Warning wird definitiv drauf sein. Aber wir wollen auch noch ein paar Überraschungen in petto haben.
Auf jeden Fall wissen die Leute da draußen jetzt, dass Chuck Fenda wieder da ist und das 2012 sein neues Album erscheinen wird.
 
RIB: Chuck, du beginnst deine Auftritte immer mit dem "Stage Time Riddim". Dabei bist du ja ein Reggae Artist. Ist es denn eigentlich für dich schwer in der direkten Konkurrenz zu Dancehall dich zu behaupten?
 
CF: Sagen wir mal so. Ich habe damals mit Dancehall angefangen. Jetzt bin ich ein Reggae Sänger, ich bin ein Messenger. "Stage Time" kündigt mich auf der Bühne an. Die Leute warten auf mich, ihr Blut pumpt wie verrückt und dann "Stage Time". Als Opener ist das super, aber dann switch ich auch gleich zu meiner Kultur und wer ich bin. Ich könnte niemals ein Mavado, ein Vybz Kartel, ein Bounty Killer oder Beenie Man sein. Ich bin hier, um die Arbeit von Bob Marley und Burning Spear weiterzuführen, die Message weiterverbreiten. Bob Marley hat die Grundlage für uns gebildet. Burning Spear ist immer noch am Start und hält sich fit. Ich habe einige Bücher über ihn gelesen. Und ich möchte auch noch mit 50 oder 60 auf der Bühne stehen und die Message verbreiten. Musik ist mein Leben und ein Teil von mir. Ich esse, trinke und schlafe Musik jeden Tag.
 
RIB: Ist es denn heutzutage hart, Geld mit der Musik zu verdienen. Jeder lädt sich die Musik for free.
 
CF: Bei mir ist es so. Jah unterstützt mich bei allem, was ich mache. Ich denke nicht an das Geld. Ich denke daran, auf die Bühne zu gehen um die Message zu verbreiten. Der Creator bezahlt mich dafür.
Wenn ich zum Beispiel nach Europa komme und 50 US$ in der Tasche habe, und ich dann mit 1.000 US$ wieder nach Hause fliege. Dann muss ich dankbar dafür sein. Und dennoch werde ich mit dem Geld andere Menschen unterstützen, die nichts haben. Ich habe ein Haus, ein Auto, Kinder. Ich kann denen helfen, die auf der Straße leben. Wenn ich 1 Dollar verdiene, dann gebe ich ein Viertel davon an die Bedürftigen. Ich kann nicht für mich allein hier leben. Und wenn ich niemanden unterstütze wäre ich tatsächlich allein auf der Welt, und das wäre nicht sehr schön.
 
RIB: Du hast gerade deine Kinder erwähnt. Sind sie ebenfalls Musiker?
 
CF: Ein Sohn von mir in New York ist ein Rapper. Er ist jung und hat mit dem Rappen angefangen. Das ist seine Kultur. Insgesamt habe ich fünf Kinder, aber die übrigen sind noch zu jung. Sie entwickeln sich noch. Ich werde sie ,in dem was sie machen wollen, unterstützen. Dann lehne ich mich relaxed in den Sessel und schau ihnen dabei zu.
 
RIB: Hast du denn noch immer eine enge Bindung zu New York?
 
CF: Ich gehe nach wie vor oft nach New York. Mein Mutter kommt aus New York, sie hat mich nach Jamaica geschickt als ich 6 Wochen alt war. Aber ich habe meine Mutter nie gesehen und sie hat wohl auch nie geschaut, was aus mir wird. Ich habe keine Ahnung, warum, aber ich kenne auch die damaligen Umstände nicht.
Wo auch immer Jah mich meine Message verkünden lassen möchte, werde ich es tun. Er möchte nicht, dass es aufhört. Ich bin unaufhaltsam. I burn so much fire in my music. I don't burn gays or lesbians. I am not into that. I am about it to burn in the justice into the system.
Manchmal tritts du dem System auf die Füße und lässt sie wissen, das da draußen Menschen am hungern sind. Und ich fordere das System dazu auf denen zu helfen.
Um zur Frage zurückzukehren. Es gibt einen Grund, warum ich in New York geboren wurde und auf Jamaica aufgewachsen bin. Ich kann überall hingehen, wo ich möchte.
 
RIB: Du hast also beide Pässe?
 
CF: Ja, ich habe den Jamaicanischen und den US-Passport. Ich muss für das alles dankbar sein. Und wenn mich das System darin bestärkt, "Gash dem and light dem" zu singen, dann weil es auf den Punkt gebracht werden muss, wenn ein Erwachsener ein kleines 6-jähriges Mädchen vergewaltigt.
 
RIB: New York ist ja ebenfalls ein sehr kosmopolitischer Ort. Was sind aus deiner Sicht die Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten zu Berlin?
 
CF: Berlin ist für mich wie New York. Wenn ich nach Berlin komme, fühle ich mich wohl. Es ist eher wie Kingston auf Jamaica. Wenn ich sage, ich komme aus Kingston, dann reagieren die Leute darauf mehr als würde eich sagen, ich komme aus diesem oder jenem Kaff. Na ja, und Berlin ist der einzig wahre Ort. Menschen aus der ganzen Welt leben hier. Und jeder hier spricht Englisch. Ich brauche hier keinen Übersetzer. Wenn ich in Italien bin, sieht das nämlich gleich ganz anders aus.
 
RIB: Ich hätte noch eine abschließende Frage. Wenn du dir die Welt anschaust. Denkst du wir haben gerade Rainy days oder Sunny Days?
 
CF: Ich denke , als ich vor 2,5 Jahren hier war die Situation eine bessere war. Momentan verlieren die Menschen ihre Jobs. Oder jemand fragt mich nach einem Dubplate und ich antworte ihm: Alles klar, gib mir 10 Dollar. Und er sagt dann: Man, ich habe gerade keine Arbeit und kann dir keine 10 Dollar dafür geben. Ich habe grad nur noch 70 Cent. Die Essenz daraus ist, dass du es dennoch machst. Es ist Musik, und ich bin hier um mittels Musik meine Message zu übermitteln. Und wenn mich jemand nach einem Dubplate fragt und er kein Geld hat, egal. Denn Jah hat mich unter seinem Schutz. Und ich kenne die Situation. Ich hatte damals nur einen Paar Schuhe, die ich dann abends gereinigt habe, damit sie morgens wieder sauber waren. Ich hatte nur einen Hose, die habe ich dann abends um 5 gewaschen. Über Nacht hat sie getrocknet und morgens um 5 habe ich sie dann wieder gebügelt, damit ich sie in der Schule anziehen konnte.
Jetzt habe ich alles, und ich bin dafür sehr dankbar.
 
RIB: Chuck, vielen Dank für deine Zeit.
 
 
Interview by www.myspace.com/beeniedennsen