Culcha Candela - Interview
Berlin ist die letzte Station eurer Tour. Was ist euer Fazit?
Ich bin immer traurig, wenn eine Tour zu Ende geht. Ich liebe es unterwegs zu sein, vor allem mit so einer großen Crew. Dies Mal waren es 30 Leuten und mit den meisten arbeiten wir schon seit Jahren zusammen. Das ist eine ganz eigene Familie, klar geht man sich auch irgendwann auf den Sack, aber es ist trotzdem einfach toll. Wenn wir dann nach Berlin kommen, werden wir jedes Mal wieder aus diesem Feeling gerissen. Es ist cool, sich mal nen Monat lang um nichts kümmern zu müssen. Man gibt kein Geld aus, man muss sich nicht um Essen kümmern...
Wir sind durch Deutschland, Österreich und die Schweiz gereist und es war echt krass. Das war die erste Tour, auf der wir alles selbst mitgenommen haben. Wir hatten zwei Trucks allein für unser Equipment.
Auf der Tour promotet ihr eurer neues Album...
Ich glaube, dass das Album eher auf Festivals und so promotet wird. Bei einer Tour kommen die Leute nur wegen uns und die meisten kennen unsere Alben dann schon. Auf Festivals hingegen begeistert man dann eher die Leute, die vielleicht wegen einer ganz anderen Band gekommen sind. Eine Tour ist wohl eher ein Fan-Band-Erlebnis
Ok. Was kannst du uns über „Schöne neue Welt“ erzählen?
In einem Punkt ist es wie unsere bisherigen Alben. Wir mischen wieder viele verschiedene Musikrichtungen. Ein Culcha Candela Album ist A. immer eine Mischung aus verschiedenen Styls und B. immer ein Best Of Album, weil wir unheimlich viel Skizzen machen in der Produktionsphase und von ca. 60 Songs kommen dann die 12 besten aufs Album. „Schöne neue Welt“ hört sich trotzdem anders an als die Alben davor, wobei man nicht sagen kann welche Musikrichtung überwiegt. Wir machen immer das worauf wir gerade Bock haben.
2007 gelang euch mit eurem dritten Album der Durchbruch im Mainstream. Was hat sich seit dem für euch verändert?
Es hat sich schon viel auf einmal geändert, wobei man dazu sagen muss, dass es für uns durch unser Engagement und unsere Supporter stetig aufwärts ging. Mit „Hammer“ haben wir dann ein paar Schritte auf einmal genommen. Das war cool, aber wir haben uns dadurch persönlich eigentlich nicht verändert, obwohl wir uns natürlich als Mensch und Musiker weiterentwickeln. Aber wir haben jetzt keine extra Macken bekommen... Durch „Hammer“ sind viel mehr Menschen mit unserem Namen vertraut geworden, was natürlich positiv ist. Es ist nicht stressiger geworden, es ist einfach schöner geworden, weil man jetzt merkt, dass mit dem Musik machen auch viele andere Sachen verbunden sind, wie zu verschiedenen Radiosendern fahren. Das sind tolle Erfahrungen.
Merkt ihr die Schattenseiten des Ruhms?
Nicht direkt. Es ist ja nicht so, dass wir kein Privatleben mehr hätten. Dadurch, dass wir sieben Leute sind, verteilt sich das alles auch ein bisschen. Wenn wir als Gruppe unterwegs sind ist die Chance, dass man erkannt werden natürlich größer. Eine Stadt wie Berlin hat zwei Vorteile. Erstens wird man allein meist gar nicht erkannt und zweitens, selbst wenn man erkannt wird sind die meisten Berliner so cool, dass sie's sich gar nicht anmerken lassen. Die Berliner sind ja sowieso auch selber Stars.
Schön, dass das mal einer gesagt hat.
In kleineren oder kleineren Großstädten ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass man auf der Staße mal nett angesprochen wird. Mit unseren Fans hatten wir noch nie negative Erlebnisse. Wir geben immer gerne Autogramme und machen Fotos mit ihnen.
Nehmt ihr auch mal eine Auszeit von einander?
Zu Weihnachten/Januar ist immer unsere Urlaubszeit. Es gibt auch Leute von uns, die sich so gut verstehen, dass sie auch mal zusammen Urlaub machen. Ich fahre oft mit DJ Chino weg. Wir haben ja noch unser Sound System und unsere Radiosendung. Wir kennen uns schon aus der Schule und haben auch mal zusammen gewohnt. Wir können uns gar nicht genug auf den Sack gehen. (lacht)
Welche Beziehung habt ihr zu Berlin?
Definitiv sind wir alle stolze Berliner. Es ist einfach die geilste Stadt im Deutschland. Sorry liebe Hamburger! Ich glaube nicht, dass wir uns woanders in Deutschland getroffen hätte. Diese Stadt ist auch mit Schuld an uns. (lacht)
Würdet ihr sagen, dass die Popularität von Reggae und Dancehall in Deutschland abnimmt?
Vielleicht erlebt Reggae das gleiche Schicksal wie Gangster Rap. Viele Leute werden älter und denken sich: „Ich kann nicht die ganze Zeit kiffen und Reggae hören.“. Dieses ewige Chillen, was mit der Musik einhergeht, hat auch irgendwann sein Ende. Allgemein gesagt. Reggae hat vielleicht einfach ein Nachwuchsproblem, was mich in diesem Fall mehr traurig macht, als beim Gangster Rap. Wir haben auch immer das Problem für unsere Shows einen Support Act zu finden. Es ist echt schwierig eine geile Nachwuchsband zu finden. Mit siebeneinhalb Jahren Banderfahrung gehören wir ja schon zu den alten Hasen.
Kann aber auch sein, dass die Musik eine Renaissance erleben wird, denn nicht nur auf Jamaika ist Reggae/Dancehall anders, sonder auch in Amerika. Dort hast du Dancehall nicht in stinkigen Kellerhöhlen (was auch cool ist), sondern in High Class Discos, wo sich die Leute richtig aufbrezeln. Ich liebe die Musik und würde sie gern mal in einer Großraumdisco in Deutschland feiern.
Geht ihr selber noch viel auf Partys?
Nein. Wir sind ja (zum Glück) ziemlich viel unterwegs. Für mich ist es auch wichtig Radio zu hören und die Clubtracks und neusten Releases zu checken, da Chino und ich auch auflegen. Ab und zu muss ich dann auch weggehen, um zu checken, was gerade in den Clubs so läuft.
Eure fetten Live-Shows sind ja inzwischen berüchtigt. Entwickelt ihr die Konzepte selbst?
Es ist eine Abfolge von verschiedenen Einheiten. Zuerst treffen wir uns und machen die Songs fertig. Dann kommt das Line-Up, welches wir dann proben. Dabei machen wir uns Gedanken über die Präsentation. Es ist dabei nicht wichtig, dass jeder Schritt sitzt. Wir arbeiten da in Bildern. Klar haben wir dabei auch Leute, wie einen Koreografen, die von außen drauf gucken und eng mit uns zusammen arbeiten. Sobald die Bilder stehen, werden die Leute vom Licht und von den Videoprojektionen mit einbezogen und die Bühne wird designt. Alles ist auf einander abgestimmt. Deswegen haben wir auch eine Woche lang mit dem gesamten Team geprobt.
Ihr seit auch sozial engagiert. Erzähl mir bitte etwas darüber.
Wir machen so viele Sachen wie wir können. Wir kriegen jeden Tag Anfragen und müssen, da natürlich aussortieren. Am liebsten machen wir Sachen, wo wir uns selber drin sehen. Auch auf unserer Tour tun wir Gutes. Einer aus der Band hat ein Projekt gestartet, dass „Afrika Rise“ heißt (kann man auch auf unserer Seite finden). Seit knapp zwei Jahren verkaufen wir bei unseren Auftritten im Merge Sampler, wo viele Gruppen aus ganz Deutschland drauf sind. Der Erlös geht komplett zu einem Projekt, welches eine Berufsschule in Uganda ermöglicht. Die Schule liegt im Norden des Landes, der durch Bürgerkriege als Krisenregion gilt. Mit dem Geld werden die Lehrer und das Equipment bezahlt, damit junge Leute einen Beruf erlernen können.
Nächstes Jahr werden wir als Band hinfahren und ein Konzert geben.
Wie geht es nach der Tour für euch weiter?
Nach der Tour ist vor der Tour. Am 24.10 geht’s schon weiter. Das ist auch gut so, denn wenn man nach so einem intensiven Monat auf einmal nix mehr zu tun hat, ist das auch doof. Wir haben dann noch ein paar vereinzelte Konzerte und viele Fernsehshows, wie bei Stefan Raab zum Beispiel. Nächstes Jahr im Februar/März geht dann der zweite Teil der Tour los in anderen Deutschen Städten.
Danke, dass du dir die Zeit für mich genommen hast.