Irie Révoltés Interview 2011
28.11.2011,
sorgte sie am Samstagmittag auf der Occupy Demo für ein klares Statement um von dort aus ins Lovelite zu gehen, wo Mal Élevé im Rahmen einer Soundshow die „Make some Noise“ Kampagne einläutete. Für uns war dies Grund genug um die Jungs zu einem kleinen Gespräch zu bitten.
Wie war die Show?
Es war richtig krass! Im Vergleich zum letzten Mal war die Energie noch höher! Wir hatten auch den Vorteil dass die Musik hier noch lauter sein kann und das haben wir auf jeden Fall auch gemerkt! Die Leute sind bis ganz hinten mitgegangen. Wir hatten im Vorfeld schon die Info bekommen das es ausverkauft sein wird und dadurch sind wir natürlich auch total emotional auf die Bühne gekommen. Berlin hat auf jeden Fall wieder alles gerockt!
Spiel ihr denn überhaupt noch Shows wo das Publikum schwierig ist? Ich bekomme immer nur krasse Shows mit einem aktiven Publikum zu sehen!
Ja schon, wenn du es so sagst stimmt’s schon. Es ist auf jeden Fall wenig geworden. In Deutschland eigentlich gar nicht mehr und im Ausland wie zum Beispiel letztens in Barcelona dachten wir eigentlich das es schwerer sein wird. Wurden dann aber eines besseren belehrt!
Wie viele Leute waren dort?
Die Halle war gut gefüllt! Ich schätze so 300 bis 600. Es war unterschiedlich. Es hat auf jeden Fall ausgereicht und hat Spaß gemacht, nächstes Jahr werden wir auf jeden Fall auf die spanischen Festivals fahren!
Es kommt mir so vor als hätte sich euer Publikum alterstechnisch ein wenig gewandelt…
Ich finde man kann das gar nicht so pauschalisieren, das Publikum ist sehr gemischt. Von Jung bis Alt ist eigentlich immer alles dabei. Wir finden das selbst sehr interessant. Wir haben einige Leute die so 17-18 sind im Publikum, das wird eigentlich die Masse sein. Aber wir haben halt auch immer deutlich ältere dabei und das ist auch cool so!
Ihr wohnt ja mittlerweile fast alle in Berlin, was verbindet ihr mit dieser Stadt und bekommt ihr viel Inspiration von ihr?
Ja, mittlerweile wohnen 5 von 9 Mitgliedern in Berlin und einige auch schon seit einigen Jahren. Für mich war Berlin immer eine Stadt von der ich gesagt habe dass ich dort gern wohnen würde. Es inspiriert mich in der Hinsicht dass es, verglichen mit anderen Städten, viel alternativer ist. Wir kommen ursprünglich aus Süddeutschland wo alles viel spießiger ist. Es gibt dort zwar auch coole Menschen, aber die meisten ziehen weg. Hier wird noch viel Wert auf diesen Plakatierkult gelegt. Die Leute achten hier noch viel mehr auf Plakate oder Flyer und das macht halt auch ein Stadtbild aus. Gerade in Friedrichshain oder Kreuzberg hängen überall Sachen und sowas finde ich voll geil weil du immer neue Sachen entdeckst. Selbst wenn du etwas Kleines machen möchtest kannst du es auf diese Weise gut an die Leute tragen. Ein weiterer, großer, Vorteil ist das du hier über die Straße rennen kannst ohne dass die Bullen direkt kommen. Die stressen einen hier nicht so und ich hoffe dass sich das mit der CDU jetzt nicht so schnell ändern wird. Ich kenne diese Repressionen noch aus Heidelberg und habe da keine Lust mehr zu.
Im letzten Interview habt ihr gesagt das es eigentlich egal ist wo ihr wohnt weil ihr sowieso die meiste Zeit unterwegs seid. Würdet ihr Berlin dennoch ein Stück weit als Heimat bezeichnen?
Also Heimat habe ich noch nie für irgendwas empfunden irgendwie. Aber es ist so dass wenn man unterwegs ist, es auch immer dort cool ist wo man gerade ist. Wenn man dann aber wieder auf den Berliner Stadtring kommt dann freut man sich auch wieder in Berlin zu sein und auf die vielen coolen Sachen die diese Stadt bietet.
Ihr unterstützt sehr viele politische wie soziale Projekte, wie wichtig ist es euch Botschaften mit der Musik zu transportieren bzw wäre es für euch auch vorstellbar inhaltlose Texte zu schreiben?
Also für mich auf keinen Fall. Das Projekt Irie Revoltes war von Anfang an so aufgebaut dass man das politische Engagement mit der Musik kombiniert. Wir wollten die Musik von Anfang an als Plattform nutzen um gewisse Botschaften zu transportieren. Es ist uns auch sehr wichtig dass es nicht dabei bleibt von Dingen zu reden, sondern diese auch zu machen! Ich könnte es mir auch nicht vorstellen das anders zu machen. Ich könnte keine Musik machen nur wegen des Musikwillens. Ich liebe Musik, aber die Kombination macht es aus. Politik gehört in meinem Leben einfach dazu!
Einige Fans haben Angst dass ihr euch durch diesen positiven Trend den ihr zurzeit habt, zu einem Popprodukt entwickelt…
Das ist zu 100% ausgeschlossen! Was den Sound angeht ist es doch ganz normal das man rumprobiert und sich weiter entwickeln möchte. Man möchte neue Sachen probieren, das ist der Grund dass das aktuelle Album ein Stück weit Poppiger Klingt, aber inhaltlich ist es genauso stark wie die Vorgänger. Und so wird’s auch immer bleiben! Wir haben nie in Erwägung gezogen einen anderen Trend einzuschlagen. Bei uns war von Beginn an ein stätiges wachsen was auch einfach so kam ohne das es geplant war. Die Entwicklung kam auch in gesundem Maße und ich kann auf jeden Fall für die ganze Band sprechen das niemand auf so einen komischen Zug aufspringt. Und wenn dies doch irgendwann der Fall sein sollte, dann wäre ich an dieser Stelle nicht mehr dabei (Mal Eleve´).
Klar werden wir immer mal wieder Kompromisse finden müssen, was für manche Leute eventuell schon zu viel Kompromiss ist. Es hat ja schon damit angefangen das wir vor einigen Jahren nur in besetzten Häusern gespielt haben und heute auch in normalen Hallen spielen. Für manche war das auch schon ein zu kommerzieller Schritt. Das ist natürlich eine schmale Gradwanderung die mir auch immer wieder sehr schwer fällt. Aber im Grunde ist es eine Definition für sich selbst und wir diskutieren da teilweise Nächte lang über gewisse Dinge. Am Ende des Tages können wir aber alle mit dem bisherigen Weg leben. Bevor wir zu einem Popprodukt werden hören wir lieber auf, dann war es das. Es war dann eine schöne Zeit aber fertig aus!
Ihr habt den Verein Rollis für Afrika e.V. gegründet. Erzähl doch mal wie es zurzeit läuft!
Die Idee „Rollis für Afrika“ gibt es etwa seit 2004. Wir sammeln ausrangierte Gehhilfen die wir dann in den Senegal bringen um die körperlich behinderten zu mobilisieren damit sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Zurzeit ist es so dass wir mindestens 1 Container im Jahr rüber bringen. Darüber hinaus gibt es Infoveranstaltungen an Schulen in Deutschland sowie im Senegal um die Menschen aufzuklären. Es sind auch ganz viele Projekte am Laufen die in ferner Zukunft umgesetzt werden. Wir versuchen zum Beispiel eine Werkstatt aufzubauen in der Rollstühle selbst gebaut werden können.
Ist es in Deutschland schwierig Rollstühle oder ähnliches ran zu kriegen?
Geht eigentlich! Es ist so dass bei Krücken viele individuelle Spenden kommen. Sprich Leute die mal den Fuß gebrochen hatten und die Krücken nun in der Ecke stehen. Rollstühle bekommen wir regelmäßig in relativ großer Stückzahl von Reha Firmen und Orthopädie Firmen die Rollstühle nicht mehr verkaufen dürfen weil diese minimalen Fehler haben. Die freuen sich natürlich wenn sie eine Spendenquittung bekommen und wir freuen uns dass wir wieder Rollstühle für den Container haben. Da bekommen wir jedes Jahr ohne große Probleme einen Container mit 250-300 Rollstühlen voll. Mittlerweile hat sich vor allem in Süddeutschland ein gutes Netzwerk gebildet so dass wir nicht mehr so stark in die Werbung gehen müssen. Es ist natürlich krass zu wissen, dass das was wir bekommen nur ein Bruchteil von dem ist was in Deutschland wirklich weggeschmissen wird. Wenn unsere Kapazitäten nicht begrenzt wären, könnte man sicher einige tausend Rollis pro Jahr verschiffen!
Wenn man sich mal betrachtet wie viele Shows ihr im Jahr spielt, dazu noch so viele Projekte unterstützt, und trotzdem immer wieder Videos oder ähnliches veröffentlich, fragt man sich ab und zu wo ihr die ganze Kraft eigentlich hernehmt!
Die meiste Kraft nehmen wir eigentlich durch das Feedback der Leute. Wenn ich das Gefühl habe das die Sache Leute motiviert dann motiviert mich das noch viel mehr! Es war schon immer so dass es das Ding ist was wir machen wollten. Die Lebenssituation der Leute verändert sich natürlich auch und das ist vielleicht auch ein Grund warum wir uns jetzt reinhängen um eventuell davon leben zu können. Es geht im Moment zwar ohne Nebenjob aber auf die Dauer dann auch nicht. Und bevor man dann aufhören muss um irgendeinen scheiß Job zu machen, probiert man natürlich lieber alles dafür zu geben um Musik machen zu können.
Ihr seid jetzt gerade auf Clubtour, im Sommer ja wahrscheinlich wieder auf Festivaltour, dazwischen dann hier und da mal eine Show. Kann man dennoch etwas Neues von euch erwarten?
Was nächstes Jahr auf jeden Fall kommen wird ist eine Live DVD. Die wird am 22.12 und 23.12 in Mannheim gedreht. Und dann wahrscheinlich im April rauskommen, zusammen mit einem Live Album. Und dann sind wir auch dran neue Sachen zu machen aber wann die genau fertig werden kann ich leider noch nicht sagen. Aber wir sind auf jeden Fall bis nächsten Sommer damit beschäftigt!
Ihr habt in 10 Jahren 3 Alben rausgebracht und jedes hatte einen anderen, eigenen Stil. Was kann man von dem 4. Album erwarten, wird es wieder anders?
Ich würde schon sagen dass wir unseren Stil mit Movement Mondial gefunden haben. Wenn man es so sagen kann dann haben wir immer wieder Sachen ausprobiert und versucht die 9 Geschmäcker zu kombinieren. Das nächste Album, wann auch immer es rauskommt, wird definitiv nochmal etwas Neues. Aber es wird auf jeden Fall in die Richtung von Movement Mondial gehen!
Wie wird es sprachlich aussehen, legt ihr verstärkt Wert auf Deutsche Texte?
Es würde mal sagen dass es ungefähr so bleiben wird aber es wird auch auf keinen Fall mehr. Unser Hauptfokus liegt bei Ländern in denen deutsch verstanden wird, darum wollten wir mal ein paar Songs auf Deutsch machen, aber der Hauptfokus wird weiterhin bei französisch liegen.
Was sind denn eure Pläne für die nächsten zwei Jahre?
Also der Fokus ist als nächstes Projekt die Dvd und dann setzen wir uns nächstes Jahr zusammen um zu planen wie es weitergeht. Vielleicht machen wir dann nochmal eine Tour aber es kann auch sein das wir erst mal wieder runterfahren und nur die Festivals spielen um andere Projekte nach vorne zu bringen. Das wissen wir halt noch nicht. Wir beenden den Winter jetzt erst mal mit der Dvd und dann sehen wir was kommt.
Vielen Dank für das Interview, die letzten Worte gehören euch!
Vielen Dank auch an euch! Ich freue mich immer darüber wenn mir Leute Feedback geben und wir nehmen uns auch jede einzelne Kritik zu Herzen! Bitte scheut euch nicht davor uns Dinge zu sagen. Ansonsten hoffe ich natürlich, dass die Kampagne „Make some Noise“ gut anläuft da ich denke dass wir alle ein Teil der Szene sind und wir diese auch verändern können!
Interview 11.11.2011 Marcus